Da Vissarion die zukünftige Gesellschaft als eine Gesellschaft der Handwerker und Künstler sieht, werden wir nicht umhin können, unsere Erziehungsmethoden zu überdenken, wobei der Phantasie und dem künstlerischen Schaffen eine größere Bedeutung beigemessen werden sollte. Vissarion sagte einmal, kennzeichnend für das zu Ende gehende Zeitalter sei das Bild einer langen Zunge, das Kennzeichen des neuen Zeitalters das Bild schaffender Hände.
Deshalb formt sich die Gemeinschaft auf diesem Hauptprinzip: zu lernen, füreinander alles Notwendige mit eigenen Händen zu schaffen, wobei die Geldeinheit aus einer Gesellschaft dieser Art verschwinden soll, denn schon der Versuch, seine Arbeit zu verkaufen, ist anormal und nur in der Übergangsperiode zulässig, in der viele Erscheinungen dieser Art noch notwendig sind. Die Hände der Menschen sollen Hände von Meistern sein. Die Grundlage der Existenz der Gemeinschaft – das ist immense Arbeit, ein Schaffen zum Wohle des Nächsten, zum Wohle der Erde, mit seinen Händen und Herzen den Namen Gottes zu preisen.“
Letztes Testament: Vadims Berichte, Teil 6, Kap. 4, Vers 35ff.
Der Mensch soll kein Speicher sein, sondern ein Schöpfer, denn jedem wurde eine entsprechende Tätigkeit bestimmt. Um sie zu finden, muss man nicht grübeln, sondern den Weg der Reinigung seiner Seele betreten, auf dem nach gewisser Zeit der vorgesehene Lebensweg sichtbar wird.“
Letztes Testament: Ansprachen, Kap. 11, Vers 16ff.
Dabei entwickeln sich die Fähigkeiten zur unbegrenzten schöpferischen Arbeit. Diese Fähigkeiten sind die wichtigsten im Wesen des Menschen, auf welche die Menschen leider mit Herablassung blicken, doch die sie nicht nur von der Tierwelt unterscheiden, sondern auch von allen möglichen außerirdischen Zivilisationen.
Das Irreale ist genauso eine sinnlich aufnehmbare Erscheinung wie das Reale. Es existiert Seite an Seite mit der Realität. Weshalb ein Mensch, der nur das Reale kennen lernt, ein Auge und ein Ohr opfert.
Die Realität kann man nicht verändern, die Irrealität aber kann man unendlich abwandeln. Diese Modifikation geschieht in direkter Abhängigkeit vom Entwicklungsniveau der Vorstellungskraft.
Das Wichtigste dabei ist, aus den unzähligen Variationen den einzig richtigen Weg zu finden.“
Letztes Testament: Ansprachen, Kap. 24, Vers 6ff.
„Das Wesen jedes vernünftigen Menschen besteht darin, das Unbekannte erkennen zu wollen. Doch der Weg zur Erkenntnis ist von zweierlei Art, und die Möglichkeiten der Menschen sind verschieden.
Der Mensch kann, wenn sein Bewusstsein noch nicht endgültig konserviert wurde, wünschen, einen unbekannten Planeten zu sehen oder auf ihm zu verbleiben, sich zeitlich in die Vergangenheit oder Zukunft zu bewegen, irgendein fremdes Leben zu leben und vieles, vieles mehr. All das steht in der Macht des Menschen. Doch da er sich mit der Zeit immer erwachsener fühlt, strebt er danach, diese „unseriösen“ Wünsche immer seltener zuzulassen, da er nämlich befürchtet, einem Geistesgestörten zu ähneln. Viele Menschen möchten in ihre Kindheit zurückkehren. Doch einige nur, weil sie meinen, die Kinder wären sorglos. Andere aber möchten die Umwelt so sehen und fühlen wie die Kinder. [/one_half]Diejenigen, die die Kinder sorglos glauben, machen einen Fehler, denn Kinder sind auf ihre Weise sehr besorgt. Doch die anderen benötigen das wirklich, denn Kinder sehen die Umwelt durch die Scheibe der herrlichen Fähigkeit, zu phantasieren.
Mit der Zeit befreien sich die Menschen immer mehr von dem Wunsch, zu phantasieren. Sie festigen immer mehr die Meinung, dass es besser sei an das zu glauben, was man mit den Händen berühren und im wachen Zustand sehen könne. Mit dieser Absicht konserviert der Mensch aktiv weite Gebiete im Gehirn des Körpers, und lässt einen winzigen Teil übrig, der nur über die materielle Befriedigung der Persönlichkeit etwas weiß. „
Letztes Testament: Ansprachen, Kap. 24, Vers 41ff.
Das Abbild ist die eine Wahrheit, das Ebenbild – hat eine andere tiefe Bedeutung.
Der Große Vater hat Seinen Kindern geboten, Ihm gleich zu sein – Schöpfer von Liebe und Schönheit.
Und zaghaft betraten die Kinder in Reih und Glied eine Ecke der erstaunlichen Welt, die von der Ewigkeit geschaffen worden war. Sanft umhüllte der Strom der Zeit die ersten Seelen und zog sie sicher in die Unendlichkeit.
Wie großartig ist das Wunder der Schönheit! Ein Ozean verschiedenfarbiger Blütenblätter plätschert mit zärtlichem Rauschen uferlos … Die Anfänge des künstlerischen Schaffens.
Doch einmal erschien eine Linie unter der einen Hand, unter der anderen schwang sich ein Ton heraus, irgendwo floss ein wunderbares Wort von Lippen … Ein Regenbogen leuchtete über den Köpfen der kleinen Wanderer auf. Doch das Rauschen wurde stärker … Seitdem haben die Kinder bei der Suche nach ihrer Reife viele Schuhe zerrissen auf den Wegen der Zeit. Linien und Noten überqueren die Oberfläche zielstrebig. Aber die Tiefen? …
Auf der einen Seite geht man beim künstlerischen Schaffen rein technisch an das Werk heran. So ein Schöpfer ist bedacht, das ihn umgebende Dasein mit Hilfe seiner Hände auf das Genaueste wiederzugeben. Und das Märchenhafte piepst jämmerlich unter dem sicheren Schritt. Auf der anderen Seite haben wir jenen Schöpfer, dessen Hauptsorge das Bestreben ist, die persönlichen Erlebnisse und Empfindungen darzustellen, die auf ihn durch die Einwirkung der Umwelt einstürzen. Die Meisterschaft der Ausführung verhüllte sich im Nebel der Verzweiflung. Die Breite der Szene wurde mit Originalität angefüllt, die in den meisten Fällen nicht in der Lage war, den Stempel der Erkenntnis zu tragen. Das gewaltige Wunder des Daseins verschwindet beim Näherkommen wie eine Fata Morgana.
Zwei entgegengesetzte Pole des künstlerischen Schaffens. Zwei Seiten der Schöpfung – wie zwei Pole:
Im ersten Fall versteht der Betrachter klar das Dargestellte und – sollte es Bewunderung hervorrufen – so gewöhnlich nur wegen der erstaunlichen äußeren Ähnlichkeit. Im anderen Fall versteht der Betrachter das Dargestellte wenig oder gar nicht, kann jedoch die unwahrscheinliche Originalität bewundern.
Beide Seiten sind kleine Tropfen eines gewaltigen Flusses. Sie stellen sein Wesen dar, aber sie verändern seine Strömung nicht. Zwei entgegengesetzte Pole der Schöpfung …
Auf dem einen Pol wachsen die technischen Feinheiten, während das Kunstschaffen vereist ist und in kleine Schneeflocken zerfiel. Auf dem anderen Pol wehen böige schöpferische Winde, doch anstelle von Ideen fällt vom Himmelsgewölbe nur das flimmernde Licht des Selbstausdrucks. Ähnlich vielen Kindern, die in Abhängigkeit von der einen oder anderen Laune eine bis dahin unbekannte Melodie vor sich hin singen. Diese Kinder mögen die Gesetze der Harmonie der Klänge nicht kennen, doch sie würden auch dann nicht anders singen, denn mittels der Klänge blüht der Selbstausdruck der Gefühle auf. So eine Melodie ist nur dazu bestimmt, der Seele des Autors Befriedigung zu verschaffen; und gefiele sie noch jemandem, so nur dank der Resonanz der Tonwelle mit dem Erleben des Zuhörers. Die meisterhafte Verschmelzung beider Pole.
Doch es gibt im Fluss eine mächtige Strömung, die die Richtung wenden kann. Ihr Wesen besteht im meisterhaften Verschmelzen beider Pole. So ein Schöpfer schafft ein Werk, das der Betrachter nicht nur sehen und fühlen kann, sondern wobei ihm, indem er es versteht, Flügel wachsen. Diese mächtige Wurzel muss Erzieher der Eigenschaften sein, die zum wahren Sammeln geistiger Reichtümer verhelfen.“
Letztes Testament: Ansprachen, Kap. 12, Verse 1-33