Einem solchen Dämon war ich noch nie begegnet … Dasda und ich legten uns in der Weinlaube auf den vertrauten parthischen Teppich. Nach dem Kampf mit den Dämonen brauchten wir Ruhe. Wir wollten, dass die Spannung des Kampfes von unseren Körpern abfällt. Neben uns stand ein Krug mit einem breiten Boden, der heilenden Wein enthielt. Mit einem Hauch des Geschmacks von schwarzen Johannisbeeren. Damals dachte ich, es handele sich um eine Mischung aus zwei Sorten dunkler Trauben aus Midian: die eine säuerlich süß, die andere mild sauer, mit einem dezenten Duft nach libanesischer Zeder.
Es ist immer noch ein Rätsel, wie es dazu kam, dass in der Weinlaube im Tempelgarten immer ein paar Krüge (bei Bedarf auch ein dritter) des magischen Getränks erschienen.
– „Erst reden wir über Devas, dann über Gefühle“, lächelte Dasda, während er das rubinrote Getränk in schöne, feine Porzellanschalen schüttete.
Gespräch über Dämonen und das Böse
– „Was ist deine Erklärung, Ascha, woher so ein schlauer Dämon kommt? Woher kennt er unsere Gedanken?“ – fragte ich.
– „Deshalb sollen Gedanken gut sein …“, sagte Dasda ruhig, ohne einen bestimmten Rhythmus, und nahm einen Schluck von seinem Getränk.
– „Du kannst dir denken, mein aufmerksamer Freund, dass dies die Illusion von Ahriman ist. Eine uralte Illusion … Der Dämon selbst erklärte: Er lebt, solange Angst und Hass leben … Es sind die Jahrtausende der Präsenz Ahrimans in unserer Welt! Der Herr der Finsternis hat die dichte Welt nicht erschaffen – vielleicht hat er uns eine Idee in den Kopf gesetzt und wir haben sie mit dem gefüllt, was der Dämon ´Scheiße´ nannte …“
– „Und wir haben dem Dämon beigebracht, listig zu sein und von irgendwoher Wissen über uns zu bekommen?“ – fragte ich.
– „Vielleicht ist es so, oder Ahriman hat diese Fähigkeit direkt in die Idee hineingelegt.“ – Dasda ließ sich Zeit und schenkte nochmal in den Becher ein.
– „Wenn Ahriman so etwas in eine Illusion hineingelegt, dann ist er bereits ein Schöpfer und es ist keine Illusion mehr. Aber der Schöpfer ist, wie das Avesta sagt, Einer und Er ist der allgütige„, sagte ich und nahm mehr als einen Schluck von dem magischen Getränk. – Dieser Teufel denkt wie wir, nur scheint er mehr zu wissen als wir oder vorgeben zu wissen … Er braucht unsere Angst, unsere schwere Kraft … Warum ist er nicht vor Gefräßigkeit geplatzt?“
– „Ich wünschte, er würde platzen! „- Dasda hob die Schale und lachte. – „Er ist nicht geplatzt, weil es viele wie ihn gibt.“
– „Ich habe einmal mit einem sehr ungewöhnlichen Dämon kommuniziert. Er hatte keine Angst vor dem Höheren Licht oder dem Kreuz aus Licht. Wo das Licht ist, hat er einfach keine Aufgabe und geht weg von dort. Er erklärte mir sogar, dass er ein Übertrager-Speicher ist, der die schwere Energie in eine andere Welt umleitet …“
– „Eine alte Legende unseres Volkes besagt, dass es in den kalten Bergen einen Hort der Angst, des Zorns und des Hasses gibt, der von dem Oberdämon Aschdahak bewacht wird.“
– „Wenn die Angst und die schwere Kraft der Sünden an einem Ort gespeichert sind, ist dort vielleicht auch das Wissen über Ängste und Sünden gespeichert? Und alle Dämonen sind durch dieselbe Kraft mit diesem Speicher und dem Oberdämon verbunden und die überschüssige Nahrung wird dorthin geschickt … So wie wir mit dem Licht der göttlichen Welt verbunden sind, so sind diese Dämonen durch die schwere Kraft mit diesem Speicher verbunden … Und was dann noch in uns Menschen ist, wir sind damit verbunden und dienen dem …“
– „Das ist ein gutes Bild“, nickte Dasda zustimmend. – Ahriman ist ein Schöpfer der Illusion, der Ideen … Und wir zerstören die Gute Welt mit unseren eigenen Händen und Köpfen, und auch mit Hilfe von Dämonen. Und gemeinsam mit ihnen füllen wir den Speicher der Angst auf …“
Wir schwiegen.
– „Und wozu dann das alles an Ahriman?“ – fügte Dasda hinzu.
– „Diese Frage habe ich schon gestellt. Du hast mir gesagt, wir werden zwischen den Inkarnationen darüber nachdenken.“ Ich lachte.
– „Dann sollten wir den Becher mit diesem magischen rubinfarbenen Getränk füllen, dessen Kern die Lösung aller Geheimnisse des Universums enthält.“
– „Fülle es so, dass nicht alles auf einmal gelöst wird.“
– „Einverstanden. Sonst wäre das Leben nicht interessant“, lächelte Dasda ruhig. – Wir sind uns schnell einig. Welche Frage bleibt also noch? Warum das alles für Ahriman?“
– „Sind wir bereits zwischen zwei Inkarnationen?“ – fragte ich ihn.
– „Stellen wir uns vor, mein lieber Freund, wir haben es nicht eilig, wir warten auf den ewigen Körper, wir sind durch den Fluss aus feurigem Metall gegangen, so auch durch frisch gemolkene Milch … Wir warten auf das ewige Leben und sprechen über Ahriman.“
– „Er wird dann also nicht mehr da sein.“
– „Richtig. Er wird nicht da sein, aber er ist da und er hat etwas vor … Versetzen wir uns in seine allwissende Lage.“
– „Er sieht vor sich eine schöne, gute Welt, in der der Mensch dazu neigt, das Böse dem Guten vorzuziehen“ – begann ich auszuführen.
– „Ja. Und da er das sieht, ermutigt er uns, noch mehr Böses zu tun, was bedeutet, dass wir die gute Welt zerstören, in die wir mit einem ganz anderen Ziel gekommen sind“, fuhr Dasda fort.
– „Oder uns selbst in dieser Welt zu zerstören. Warum sollte er die Welt zerstören, die sein Bruder geschaffen hatte?“
– „Ein guter Jäger tötet einen Tiger nicht umsonst“, fuhr Dasda nach einer Pause fort. – „Er respektiert ein kluges Tier … er tötet ein Tier nur, wenn es eine Bedrohung für die Welt darstellt. Und wir gefährden sehr unser eigenes Leben …“
– „Und dieser vierarmige Dämon nährt sich zusammen mit dem Besitzer des Speichers von uns, unserer Kraft, und provoziert in uns Angst und Zorn … Es ist ein Teufelskreis … Eine Falle!“
– „Du siehst, Bruder Euseus, was dieses köstliche Getränk mit unserem Verstand macht. Wir haben überraschend schnell eine Lösung für eine schwierige Frage gefunden … Wir müssen die Grenze spüren, sonst erkennen wir das Unerkennbare.“
Ich lachte. Ascha Dasda war großartig. Ein erstaunlicher Mann.
Gespräch über Jasna
Es war ein warmer, sonniger Tag, der sich bereits dem Abend zuneigte. Die Sonne fiel an verschiedenen Stellen auf die Rebstöcke und zeichnete für uns bizarre Muster …
Die Spannung des Kampfes gegen einen uralten Dämon löste sich in der wunderbaren Welt um uns herum auf. Zu dieser Auflösung trugen bei sowohl die Sonnenflecken auf den sich von einer leichten Brise bewegenden Weinreben, als auch der magische Traubentrunk und ein kuscheliger Partherteppich mit angenehmem Flor und meisterhaft gewebten Trauben verschiedener Weinsorten …
– „Bruder Dasda“, – seufzte ich, – „genug jetzt von Dämonen; es gibt sie und es wird sie noch für Jahrtausende geben … Aber es gibt eine viel wichtigere Frage…“
– „Und seine Entscheidung kann nicht auf Jahrtausende hinausgezögert werden“, fuhr er fort. – „Und das betrifft meine wunderbare, geliebte Jasna, unsere Jasna und dich, mein Freund, mein kluger Bote.“
– „Ja“.
– „Mein Freund, sie ist ein ungewöhnliches Mädchen. Und das nicht nur, weil sie meine Tochter ist“, Dasdas Augen leuchteten mit einem Lächeln auf. – „Sie kann fühlen. Auf eine Art und Weise, wie weder ich noch Daiti es können … Und sie weiß, wie sie ihre Gefühle ausleben kann … Ich habe in meinem Leben noch nie jemanden getroffen, der so lebt – mit einem reinen Herzen … Jetzt habe ich dich getroffen habe, ihr seid euch ähnlich … Jasna sollte im Paradies sein und auf die Inkarnation in der Ewigkeit warten, nicht die auf die Welt im Zeitalter der Verwirrung schauen. Vielleicht wollte sie gerade jetzt geboren werden … Ahur weiß es besser.
Am Morgen des Tages, an dem du und ich uns am Heiligtum trafen, sagte sie zu mir: ´Papa, heute kommt er´. Er – das bist du, mein Freund. Ich wartete an jenem Tag auf dich als Ahuras Gesandten, sie wartete auf dich als ihren Geliebten. Eine märchenhafte Geschichte.
Erstaunlich, besonders für eine Frau … Sie weiß, dass du nicht mehr lange da sein wirst, aber sie hat geduldig auf dich gewartet … und ihr Wissen über dich bestand nur aus Gefühlen und Träumen …
In meiner Jugend bat ich meinen Vater, mich die Geliebte heiraten zu lassen, die ich seit meiner Kindheit kannte. Und meine Eltern – dank sei ihnen – ließen es zu, wobei sie eine Vereinbarung mit der Familie eines befreundeten Priesters brachen, eine Vereinbarung, die seit meiner Kindheit bestand … Und unsere gegenseitigen Gefühle mit Daiti führten zur Geburt unserer schönen Kinder, unserer Jasna…
Daiti und ich hätten nicht anders handeln können, wir ließen Jasna nicht jemanden heiraten, den sie nicht liebte, aber einen Geliebten hat niemand von uns gesehen …
Daiti und ich kannten und liebten uns, und Jasna lebte nur in Erwartung dieses Gefühls und glaubte fest daran: es wird so kommen, wie sie sich fühlt …
Natürlich habe ich mir ihr Horoskop angeschaut. Dort gibt es ein Treffen. Ein kurzes Treffen mit einem Geliebten aus einem fernen Land … Aber was ist ein kurzes Treffen für ein Mädchen, das davon träumt, ihr Leben ihrem Geliebten zu widmen?
Jasna sagte einmal etwas ganz Einfaches zu mir: `Vater, kann denn eine Seele eine andere zwingen, gegen ein Herz zu handeln, in dem Ahur lebt?`
Das ist die Geschichte, mein Freund … Nun, und ihre Träume, ihre reinen Träume, sie sind genauer als meine Sternkarten. Jasna kennt das Alphabet ihrer Träume gut.“
Dasda füllte die Schalen, und wir tranken gemütlich ein paar Schlucke, während wir uns gegenseitig die Sonnenhasen ansahen. Ich schätze, ich wollte den Ausgang unseres Gesprächs noch eine Weile hinauszögern, oder besser gesagt, meine Entscheidung über den Ausgang des Gesprächs; aber ich war auch an den Träumen interessiert – wie und woher sie kamen. Also fragte ich meinen klugen Freund und atmete tief durch:
Über Klarträume
– „Ascha, erzähl mir von den Klarträumen.“
– „Also gut, kluger Bruder, lass uns über Träume reden“, lächelte Dasda gutmütig. Er hatte immer ein gutes Gespür, sah meinen Zustand, meine Beweggründe. Und nicht nur meine. Er war in der Lage, mit natürlicher Aufmerksamkeit für das zu leben, was um ihn herum geschah. Er hatte keine eigenen Probleme, er lebte in Sorge um andere.
– „Wie ich aus den Avesta-Legenden weiß,“ fuhr Ascha fort, „verlassen wir im Schlaf die inkarnierte Welt und gelangen an die Pforte des Allerhöchsten, wo die Welt eine andere Dimension hat. Der Tiefschlaf ist die Zeit, in der die Seele in der Welt des Menog, der geistigen Welt, neue Kraft schöpft – nach einem schwierigen Aufenthalt in der begrenzten Zeitschleife der dichten Welt in der Epoche der Vermischung von Gut und Böse.
Nach der Rückkehr aus dem Tiefschlaf erfolgt ein schneller Übergang von der multidimensionalen Menog-Welt zur begrenzten dichten Welt: Was die Seele in der geistigen Welt gesehen hat, ist vergessen. Kurze Reste der Vision bleiben als Träume.
Es gibt auch eine Zwischenwelt beim Heraustreten aus dem Tiefschlaf. Eine reine Seele, wie die deine und die von Jasna, hat keine Laster und geht daher rein durch diese Zwischenwelt. Eine unreine Seele aber mit ihren Lastern zieht die Finsternis an und die Wirren der Welt der Dämonen, die dreidimensional ist und sich hier auf der Erde befindet …“
– „Siehst du, Ascha,“ – mischte ich mich in die Erklärungen meines Freundes ein. – „Das bestätigt, dass Devas, Dämonen, Produkte unserer dreidimensionalen Welt sind, von uns selbst. Sie können nicht an den Pforten des Allerhöchsten in der Kraft Seines Lichtes, Seines Feuers, existieren. Es sind unsere Ängste und schmutzigen Gedanken, nicht Ahriman, die die Welt der Finsternis erschaffen haben. – Entschuldigung, ich habe dich unterbrochen …“
– „Ich bin am Ende; nur ein wenig noch. So also schlüpft Jasna, wenn sie aus dem Tiefschlaf erwacht, leicht und schnell durch diese Zwischenwelt, denn ihr Herz braucht nichts vom dämonischen Schleier, sie sieht ihn nicht. Sie bringt einen reinen Moment des Träumens aus der Höheren Welt mit, den sie als ein langes Ereignis wahrnimmt, manchmal als eine lange Vision der Zukunft. Es sind Träume der Offenbarung, reine Träume, Träume ohne Schleier. Ein reiner Traum als kurze verbliebene Erinnerung an das, was in der Welt der Ideen gesehen wurde.
Die Mobed, die Hüter des Feuers, sind äußerlich und innerlich gründlich gereinigt, um solche Träume haben zu können. Und Jasna lebt einfach und sieht Traum-Offenbarungen, ohne besondere Rituale.“
– „Dasda, was tun die Priester, um die Traum-Offenbarungen zu sehen?“ – Ich war weiterhin neugierig.
– „Sechs Vollwaschungen pro Tag mit einer speziellen Mischung. Du benötigst die Formel nicht“ lachte Dasda. – „Vor dem Schlafengehen eine reinigende Buße mit einem Rückblick auf deine Handlungen und Gedanken während des Tages. Die richtige Positionierung des Körpers vor dem Schlafengehen entlang der Erdlinien, mit dem Kopf nach Norden. Oder nach Osten, wenn du neue Kraft schöpfen musst. Der Norden auch deshalb, weil es der Überlieferung nach dort einst einen Kontinent unserer Vorfahren gab, der über vollständiges Wissen verfügte …
Schlaf auf dem Rücken ein, ohne die Beine zu kreuzen – und mit richtiger Atmung. Wenn du Interesse hast, zeige ich dir irgendwann mal das Atmen …
Aber selbst all diese Maßnahmen führen nicht immer zum gewünschten Ergebnis. Man muss zu jeder Zeit ein reiner Mensch sein, nicht nur an den Tagen, an denen man auf die Traumoffenbarung wartet. In der Zwischenwelt jedenfalls ziehst du immer das an, was in der Seele ist, ziehst etwas Ähnliches an, und sowohl Dämonen als auch Menschen wie du erwachen aus dem Tiefschlaf. Es gibt etwas, was man anziehen kann …
Über Jasna als Ehefrau
Mein lieber Bruder Euseus, du siehst doch manchmal reine Träume – und oft ist es nicht möglich, sie zu sehen – obwohl du all diese priesterlichen Geheimnisse nicht kennst. Du lebst in der Herrlichkeit des Allerhöchsten, also ziehst du nicht die Finsternis an: dämonische wie menschliche … Jasna ist genauso, und Ani … Deswegen habt ihr euch getroffen …“
– „Jetzt sind wir wieder bei der Hauptsache,“ – lächelte ich. – „Was würdest du an meiner Stelle tun, Ascha?“
– „Darf ich dich fragen, bevor ich antworte?“
Ich nickte zustimmend und Dasda fuhr fort:
– „Ich weiß, dass dein Herz bei der schönen Ani ist. Gibt es dort auch einen Platz für Jasna?“
– „Ja. Wir sind uns sehr nahe gekommen, Jasna ist ein wunderbares Mädchen … Und du hast alles so arrangiert, dass es so ist“, versuchte ich zu scherzen.
– „Vielleicht“, sagte Dasda und lächelte. – „Aber die Entscheidung liegt bei dir …“
– „Ich habe eine Frau, eine Geliebte. Welche Entscheidung?“ – sagte ich unsicher.
– „Du bist jetzt ein echter Avestaner. Jeder in der Stadt wird wissen, dass du den alten Dämon besiegt hast. Das ist so eine Art von Dämon, den die meisten Menschen nicht besiegen können. Und nicht jeder Feuerhüter würde so etwas tun. Es hat Gelegenheiten gegeben, an die man sich erinnert, bei denen solch mächtige alte Dämonen von Priestern Besitz ergriffen haben…
Und ein wahrer Avestaner, ein reiner starker Mann, kann auch eine zweite Frau nehmen. Und er wird auf keinen Fall zeigen, dass er sie weniger liebt als die erste …“
Nach einem kurzen Schweigen fuhr Dasda fort:
– „Nach dem Avesta-Kodex kann ein Mann eine solche Entscheidung nicht ohne die Zustimmung seiner ersten Frau treffen. Aber auch die Weigerung, dies zu tun, muss von der Ehefrau gut begründet werden. Es gibt mehrere Gründe für das Auftreten einer zweiten Frau: Kinderlosigkeit mit der ersten Frau; die Verantwortung für die genealogische Linie, die Fortführung des Geschlechts – zum Beispiel, damit ein Bruder, der in die andere Welt gegangen ist, ein Kind bekommen kann; das Führen eines großen Haushalts, wenn eine Frau aus verschiedenen Gründen nicht zurechtkommt; die Erziehung von Kindern …
Ich werde nicht alle möglichen Fälle für das Auftreten einer zweiten Frau nennen. Was wir brauchen, ist Zweckmäßigkeit. Kann zur Zweckmäßigkeit das Gefühl einer anderen Frau gehören? Wenn das Gefühl echt ist – was mit der Zeit überprüft wird – kann es das. Ein echtes Gefühl setzt die Geburt gesunder Kinder voraus … Und für einen Avestaner ist eine der Hauptaufgaben die Fortführung der Menschengeschlechts und die Erziehung von Kindern, eine richtige Erziehung. Wir geben die Möglichkeit, dass sich Seelen inkarnieren, um das Gute und die Gerechtigkeit in dieser Welt zu verwirklichen, um das Böse zu besiegen.
In unserem erstaunlichen Fall fehlt ein Glied – Anis Zustimmung. Aber ich glaube nicht, dass Ani, die dich liebt, gegen das Glück einer anderen Frau sein wird, die dich auch aufrichtig liebt.“
– „Ascha, selbst wenn Ani einverstanden ist, habe ich ernsthafte Fragen. Welcher Avestaner übernimmt die Verantwortung für seine Frau und verlässt sie bald darauf?
Und wenn ein Kind geboren wird, ergibt es sich, dass der Mann sich bewusst von einer der Hauptaufgaben – der Kindererziehung – fern hält.
Und wie ist es möglich, ein Mädchen zu heiraten, das dich wirklich liebt, während sie gleichzeitig weiß, dass du bald zu deiner Geliebten gehen wirst?“
Dasda füllte die Schalen und nahm ein paar Schlucke.
– „Mein weiser Freund, in der vom Schicksals gegebenen Situation, gilt das, was du uns gesagt hast, nicht als überzeugendes Argument … Ein aufrichtig liebendes Mädchen weiß, dass ihr Geliebter mit ihr nicht für eine lange Zeit zusammen sein wird und ist glücklich mit diesem kurzen Glück, unserer Meinung nach kurz, sie hat davon geträumt …
Ein Mann und eine Frau verlassen das Leben des anderen früher oder später, aus unterschiedlichen Gründen. Das ist der Wille des Allmächtigen. Entscheidend ist, wie sie die ihnen zugewiesene Zeit gelebt haben. Du folgst dem Weg der Rechtschaffenheit im Namen aller, du bist ein Gesandter, du schreitest voran nach dem Willen des Höchsten. Dein Weg ist vorgezeichnet; auf ihm darf man Abschweifungen nicht zulassen. In der unvermeidlichen Stunde, früher oder später, wirst du den Weg nach Hause finden. Und Jasna weiß das.
Ein weiterer deiner Zweifel. Wenn ein Kind geboren wird … Ascha Euseus, wenn ein Kind geboren wird, werden wir alle glücklich sein. Und meine Familie wird eine anständige Avestanerin großziehen … von einer so reinen Mutter wie Jasna. Und du als Vater wirst dadurch gerettet, dass dein Herz keine Zeit haben wird, sich an das Kind zu binden. Du wirst nicht einmal wissen, mein Bruder, was dein Kind ist. Ein Junge wird deinen Namen tragen, ein Mädchen wird deine Eigenschaften haben …
Und nichts hindert euch daran, dabei an euer Wiedersehen zu denken. Lass sogar drei Vollmonde lang einen Boten aus deiner Heimat kommen, der mitteilt, dass du und Ani auf Jasna warten. Und dann, nach weiteren drei Monden, wird Jasna mit einer zuverlässigen Eskorte bei euch sein, wenn es so sein soll …“
An diesem langen Tag des anbrechenden Frühlings wurde so viel getrunken, wie da war. Und in der Gartenlaube befanden sich zu diesem Zeitpunkt, wie üblich, zwei gefüllte Krüge, jeweils etwa anderthalb Liter, vielleicht auch etwas mehr, nach heutigen Maßstäben. Für unseren Austausch mit Dasda an diesem Tag war eine solche Menge notwendig und ausreichend, wenn man die Qualität und die heilenden Eigenschaften des Getränks – davon ein wenig mit gesegneten Quellwasser verdünnt – in Betracht zieht. Mein Kopf war klar (so schien es), meine Stimmung war leicht, der Frühling war noch frühlingshafter …
Als Dasda und ich uns umarmten und uns bis morgen verabschiedeten, sagte er mit seinem üblichen gutmütigen Lächeln:
– „Weiser Freund, wenn schon der Dämon von deiner zweiten Frau spricht, solltest du vielleicht meine Tochter zur Frau nehmen, damit der Dämon an unseren reinen Motiven erstickt. Und auf einmal platzt?“
Gespräch Euseus und Jasna
… Der Abend war schon warm. Jasna, die die Namen des Herrn sang, räumte mein Zimmer auf. Ich saß auf der Türschwelle und hatte noch keinen festen Entschluss gefasst. Und das bedeutete, die Dinge so zu belassen, wie sie momentan sind. ´Ich werde hier immer noch gebraucht, ich muss die Aufgabe, eine Gemeinschaft zu gründen, zu Ende bringen … Und wie lange werde ich dafür brauchen? Und Jasna wird weiterhin voller Hoffnung dieses Haus putzen … Das ist eine große Herausforderung für sie, und auch für mich … Und für Ani wahrscheinlich auch …´ Die Gedanken schwirrten im Kopf herum.
Jasna beendete das Sakrament und setzte sich mit einem leichten, direkten Lächeln neben mich.
– „Du kannst dir vorstellen, Euseus, die ganze Stadt weiß es: Zarathustras Gesandter hat den dreiköpfigen Aschdahak aus Raschnu verbannt.“
– „Und wer ist Zarathustras Gesandter?“
– „Du natürlich.“
– „Und was wird jetzt geschehen, Prophetin Jasna?“
Jasna lachte:
– „Die Menschen werden zu dir kommen, um sich von den Devas zu reinigen. Und neue Menschen werden in unsere Gemeinschaft kommen. Die ganze Stadt spricht über dich.“
– „Uih, das ist zuviel … Vielleicht kommst du ja ohne mich zurecht? Und ich geh nach Hause?“
– „Wir können es noch nicht schaffen“, sagte Jasna und sah mir in die Augen. – „Ich werde versuchen, es zu schaffen. Und Dasda, Humat, Freunde? Sie werden hier noch gebraucht, es ist zu früh, um zu gehen. Wir müssen uns noch in den Gebote festigen, die du den Avestanern gebracht hast …“
– „Liebe Jasna, was ist das Wichtigste im Leben?“
Jasna hat nicht lange überlegt:
– „Glücklich sein und Gott mit guten Gedanken und guten Taten erfreuen. Und den Herrn zu erfreuen, das bedeutet, alle Menschen um einen herum zu erfreuen, denn Ahur lebt in jedem“, sagte Jasna und errötete ein wenig.
– „Und wie wird man glücklich?“
– „Glücklich ist der, der die Wahrheit seines Herzens lebt“, sagte sie. Ich fragte und verbarg ihre Verlegenheit: „Worüber hast du mit Dasda gesprochen? Über mich? Ich weiß, dass es um mich ging …“
– „Und über deine klaren Träume“, fügte ich hinzu.
– „Euseus, du musst dir keine Sorgen um mich machen. Die Hauptsache ist bereits geschehen. Ich habe dich getroffen, ich habe auf dich gewartet. Es ist wahr – du existierst und du bist zu uns gekommen. Und ich konnte dir gestehen. Solange du noch bei uns bist, lass mich immer wieder zu dir kommen, um aufzuräumen und mit dir zu reden … Ich habe Ani letzte Nacht in meinem Traum gesehen. Sie ist genau wie du gesagt hast – sehr schön. Sie umarmte mich und sagte, sie sei glücklich, meine Schwester zu sein …“ – sagte Jasna – und legte ihren Kopf auf meine Schulter.